Veränderte Rahmenbedingungen
Klassenlehrer-prinzip | Zeit- und Organisationsstrukturen | atmosphärische Veränderung | Jahrgangsüber-greifender Unterricht | Klassenzimmer-gestaltung | Schulhofgestaltung Schulgarten | Kooperation mit den Kindergärten und der Bodelschwinghschule
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Klassenlehrer- prinzip ist sehr stark ausgeprägt. Fachunterricht findet nur in den Fächern Religion, BK/TW und E (in Klasse 4) statt | Die Unterrichtsorganisation orientiert sich an den pädagogischen Konzepten von Peter Petersen und Maria Montessori:
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| Die Klassenstufen 1 bis 3 sind an unserer Schule grundsätzlich kombiniert. Die vierte Klasse wird als geschlossene Jahrgangsklasse unterrichtet. |
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| Wir kooperieren mit fünf Gruppen in 4 verschiedenen Kindergärten. Jeder Gruppe ist ein Lehrer zugewiesen. Wir versuchen die neuen Erstklässler möglichst der Gruppe des Kooperations-lehrers zuzuweisen. Wir kooperieren mit der Bodelschwingh-Schule, einer Schule für geistig und körperlich behinderte Kinder, derzeit besuchen 6 Kinder die Außenklasse an der GS-Fornsbach.
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Projekte | Kurse | Lektion | Spiel |
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Ernstcharakter | Selbstbestimmtes Lernen | Guter klassischer Unterricht: vom Phänomen, Problem, von der Aufgabe, der Idee zum Wissen | Wahrnehmungsschulung |
Handlungskompetenz* | Methoden- und Sozialkompetenz* | Kognitiv-mediale Kompetenz* | Schnittstelle aller Kompetenzbereiche* |
* Der spezifische Kompetenzbereich ist nur schwerpunktmäßig zugeordnet.
Jahrgangsgemischte Gruppen 1-3 | Klasse 4 |
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Die Arbeit an der Grundschule Fornsbach wird geführt von dem Gedanken, dass Schule primär vom Aspekt der Zeit her bestimmt wird und sich bestimmen lassen muss. "Schul-Zeit" ist im strengen Wortsinn die Zeit in der Schule. In modernen Bildungssystemen ausdifferenzierter Gesellschaften hat diese Zeit, schon was den Umfang anbetrifft, weit über ein Drittel der menschlichen Lebenszeit überhaupt in Beschlag genommen.
In diesem Zeitabschnitt, der zusammenfällt mit den vitalsten, sensibelsten und aktivsten Phasen des menschlichen Lebens wird Lebenszeit in vielfältiger Weise "schulisch" wahrgenommen und "genützt". Die dabei entstandenen Organisationsformen, mit deren Hilfe die von der Gesellschaft eingeräumten Zeit strukturiert und inhaltlich durch Lehr- und Lernformen ausgelegt werden, haben ein Netzwerk hochartifizieller Teilsysteme entstehen lassen, in die Kinder und Jugendliche eingebunden, aber zugleich auch gefangen sind. Bezeichnenderweise pflegt hier dann auch die Schulkritik anzusetzen: Ein erheblicher Teil der Zeit, die die moderne Gesellschaft den Heranwachsenden einräumt, wird in einem erheblichen Maße "nutzlos" verbraucht, um nicht zu sagen totgeschlagen. Freilich: Was dem einen Kritiker zu wenig "freie" Zeit ist, verkörpert für den anderen ein Übermaß an Freiraum und zu wenig ausgenutzte Zeit.
Die philosophisch-pädagogische Anthropologie hat angesichts dieses Dilemmas deshalb eine Differenz eingeführt, die die gelebte Zeit ( im Gegensatz zur gemessenen Zeit) zwischen den Polen leere und erfüllte Zeit ansiedelt. Aufgabe jeder pädagogischen Arbeit hat deshalb zu ihrer Zielsetzung, Zeitangebote zu machen, die dem Anspruch der erfüllten Zeit zu genügen haben.
Oder plakativ ausgedrückt: Die Schule hat mit ihrem Erziehungsanspruch dafür zu sorgen, dass das Kind und der Heranwachsende nicht "aus der Zeit herausfällt" und mit Langeweile und unproduktivem Müßiggängertum seine Lebenszeit verbraucht. Sie hat aber ebenso darauf zu achten, dass keine "Scheinproduktivität" entsteht, wie sie angesichts einer Wettbewerbsgesellschaft und der Fixierung auf Schullaufbahnen und Schulabschlüsse schon im Grundschulbereich zu beobachten ist.
An der Grundschule Fornsbach wird deshalb versucht, im ausdrücklichen Rückgriff auf pädagogische Traditionen und hier insbesondere auf jene der sogenannten Reformpädagogik vergessene Zeitkonzepte in der Schularbeit wieder zu ihrem Recht zum Wohl des Kindes zu verhelfen.
Da in der Entwicklung des neueren Schulwesens das Organisationsmodell, insbesondere der industriellen Arbeit und der Bürokratie dominant geworden ist (mit allen damit verbundenen negativen Folgeproblemen), versuchen wir an der Grundschule Fornsbach an die Idee einer pädagogischen Organisationslehre anzuknüpfen, die ausdrücklich pädagogische Überlegungen zugrunde legt.
Dabei werden vor allem zwei Aspekte zentral:
a) die Betonung der Differenz und des Individuellen
b) die Idee des Rhythmischen als eine Grundkategorie des Lebens.
Zu a)
Als eines der zentralen Ziele der Erziehung in modernen Gesellschaften gehört die Herausforderung, mit Unterschieden leben zu können (v.Hentig). Unterschiede gibt es aber nicht nur im Bereich individueller Begabungen und Ressourcen, sondern insbesondere im Lebensalter. Die reformpädagogische Tradition versuchte diese Forderung dadurch einzulösen, dass prinzipiell altersheterogene Gruppen gebildet werden, wo Kinder in der Schule mit verschiedenen Könnensformen und Entwicklungsgraden - gewissermaßen als Spiegelbild menschlichen Zusammenlebens - in der Gesellschaft sich wechselseitig bereichern, unterstützen, fördern, aber auch korrigieren (Jena-Plan). Die Schule im Dorf ist zugleich das Dorf in der Schule.
Es kann deshalb nicht darum gehen, möglichst große und leistungshomogene Institutionen zu schaffen, wo man gewissermaßen im Gleichschritt voranschreitet und sich wechselseitig kontrolliert. Sondern: es geht darum, die Unterschiede stark zu machen, die Kennzeichen einer humanen Geselschaft sind. Auch hier kann das Dorf (oder der Stadtteil) als Modell dienen.
Die Grundschule Fornsbach versucht dieses Zeitmodell zu reaktivieren.
Zu b)
Dies ist verbunden mit einer Rhythmisierung der Lebens- und Arbeitszeit, die es dem Kind erlaubt, in hohem Maße selbständig und selbsttätig ihre Lern-und Arbeitsprozesse zu organisieren. "Schul-Zeit" fällt hier zusammen mit der Erfahrung, sich in der Zeit produktiv einrichten zu müssen. Auch hier unterscheidet sich das von uns verfolgte Konzept von den traditionellen Vorstellungen von Schule und Unterricht, wo nach einem relativ starren Schema Lebenszeit bürokratisch und nach Stundentakt in Schulzeit überführt und verwaltet wird.
Die Schulzeit und der Unterricht gliedern sich stattdessen bei uns in ein System wechselseitiger Verweisungszusammenhänge, wo sich Lektionen, Spiel- und Übungsformen, projektartige Arbeitsvorhaben, Gespräche, aber ebenso Höhepunkte wie Feste und Feiern abwechseln und den Tag wie auch die Woche gliedern.
Mit diesem Versuch wird der alte Anspruch der Schulpädagogik wieder geltend gemacht, das Zusammenleben in der Schule als Modell einer Polis zu begreifen, wo jeder gebraucht wird und jeder jeden braucht. Hier soll nach Maßgabe des individuellen Könnens der eine den anderen bereichern, um sich selbst wieder belehren und bereichern zu lassen. Dies gilt in gleichem Maße auch für die Erwachsenen und Lehrkräfte, die unter diesen Gegebenheiten die Schule im Dorf wieder als einen Ort begreifen und entdecken können, wo nicht "obrigkeitsfixierte" Herrschaft ausgeübt oder bloße Dienstleistungen erbracht werden, sondern dem Leben Zeit und Raum gegeben wird.